Ein käsiger Zellhaufen, so groß und fett wie zwei Mastschweine sitzt auf einem Plastikhocker und schneidet sich die Fußnägel mit dem Küchenmesser kurz. Sieht so der Idealtypus einer Ehefrau aus? Entrüstet würden alle Männer dies verneinen. Und doch kauert nämlicher Brocken irgendwann bei den meisten Ehemännern in der 3-Zimmer Wohnung und bildet damit das solide Fundament deutscher Ehegemütlichkeit.
Bedauerlicherweise geht heute der Trend weg vom treuen Kaltblüter hin zur zickigen Araberstute. Geködert von erotischem Blendwerk leistet sich der moderne Mann bei der Wahl seiner Gefährtin eklatante Fehlgriffe die folgerichtig in kostspielige Trennungsszenarien münden. Lockt zu Anfang die Beistellung sexueller Dienstleistung, so bleibt nach deren alsbaldigen Versiegen in der Ehe nur noch ein verbiestertes Nörgelweib, welches sich einfach "nicht mehr rechnet".
Ganz anders amortisiert sich da der altdeutsche Ehebrocken. In Jahrhunderten konsequenter Auslese hat sich dieser Allrounder herausgebildet, der über die ganze Ehedauer hinweg eine beständige Grundversorgung sichert. Selbst wenn auch hier mit den Jahren die Kopulationsbereitschaft erlischt, so macht das nichts, da der damit aufs engste verbundene Auslösereiz schon vorher verschwand. Geblieben aber ist ein belastbarer Voltigiergaul an dem man noch Jahrzehnte seine Freude haben kann. In der Regel schmeißt er perfekt den Haushalt, hält einem, wenn vorhanden, die nervenden Blagen vom Leib und pflegt nebenbei sogar noch die eigenen bettlägerigen Eltern. Den abstrusen Hobbys des Ehemannes steht der altdeutsche Ehebrocken neutral gegenüber und wenn die Kameraden vom Fussballklub vorbeischauen, wird ohne Murren gegrillt.
Männliche Erotomanen mögen die zunehmende geschlechtliche Neutralisierung ihres Ehekampfschweines bedauern, der weise Genießer sieht darin ein natürliches Bollwerk gegen Abwandungstendenzen in Richtung Selbstfindung, italienischem Pizzabäcker oder sonstigen Trennungsgründen. Zudem läßt sich im Schatten des Brockens auch die eigene Plauze ohne stete Anfeindungen auf beachtliche Größe heranzüchten. Irdischen Elementarfreuden, wie dem übermäßigen Biergenuß oder dem vierten Nackensteak muß man sich nicht verschließen wenn sich auf der andren Seite des Ehebettes kein Model lasziv räkelt, sondern nur der Brocken schnarcht.
Die Königsdisziplin der altdeutschen Zweisamkeit ist die Handwerkerehe. Hier übernimmt der Brocken noch weitere lebenswichtige Zusatzaufgaben. Er führt die Buchhaltung, regelt den Telefondienst mit der Kundschaft und bringt auch schon mal einen vergessenen Sack Zement zur Baustelle. Nach der Arbeit gibt es Schnitzel mit Fritten und die Bude ist picobello in Schuß. So gesehen müßten diese Männer die glücklichsten Menschen der Welt sein.
Dieter Wischmeyer